Der Ort an der Ihle war schon früh ein begehrter Siedlungsplatz. Schon aus der Jungsteinzeit, also vor ungefähr 10.000 bis 4.000 Jahren v.u.Z. sind Funde aus einer Ansiedlung der „Schönfelder Kultur“ belegt. Auch zu Zeiten des Römischen Reiches und während der Völkerwanderung wurde der Platz besiedelt. Um das Jahr 600 setzten sich die Slawen durch. Sie bauten eine Burg und richteten sich für ungefähr 300 Jahre hier häuslich ein. Als die Germanen das Gebiet um 928 eroberten und besiedelten, nannten sie diesen Landstrich „Gau Morizani“. Die Einkünfte der Bauern gingen an das Kloster „Unserer Lieben Frauen“ in Magdeburg. Aber 983 begehrten die Slawen auf und für die nächsten 200 Jahre hatten die slawischen Liutitzen wieder die Gewalt über die Gebiete östlich der Elbe. Mit der Rückeroberung durch die Germanen in der Mitte des 12. Jahrhunderts begann dann die Geschichte der Stadt Burg.

Die Ihle trennte einst zwei Verwaltungseinheiten der katholischen Kirche. Westlich der Ihle wurden die Gebiete vom Archidiakon in Leitzkau verwaltet, während östlich der Ihle die Geschicke der Kirchen vom Archidiakonat Brandenburg bestimmt wurden. Die Ihle wurde als Verwaltungsgrenze bereits in einem Dokument von 1162 erwähnt. Allerdings war in diesem Dokument noch keine Rede von der westlich der Ihle gelegenen Kirche St. Nicolai. Erst in einer Schrift von 1186 wird die Unterkirche als Filialkirche der östlich der Ihle liegenden Oberkirche erwähnt. Damit gehörte die Unterkirche entgegen ihrer Lage westlich der Ihle ebenfalls zum Verwaltungsbezirk Brandenburg. Offensichtlich sah die Kirche die damalige Neustadt und die Oberstadt bereits als Einheit. Zwischen den beiden Dokumenten von 1162 und 1186 muss also irgendwie das Entstehungsdatum von St. Nicolai liegen.

Um 1159 wurde in einer Lokationsurkunde (Urkunde in der ein Siedlingsrecht verliehen wird) die Gegend als „ins Burgense“ bezeichnet. 1174 ist Burg bereits als Handelsplatz östlich der Elbe schriftlich nachweisbar.

Die Kirche ist eine kreuzförmige Pfeilerbasilika. Sie besteht aus einem Turm, einem Langhaus mit zwei Seitenschiffen, einem mächtigen Querhaus mit zwei Seitenapsiden und einem quadratischen Chor mit Apsis. Im Vergleich zur Oberkirche ein in der äußeren Gestalt wesentlich aufwändigeres Bauwerk. Es ist vollständig aus behauenen Granitquadern errichtet worden, die äußerst sorgfältig zu einem regelmäßigen Mauerwerk verarbeitet wurden.

Den Rundgang um die Kirche beginne ich mit der Südseite. Wenn man genau hinschaut erkennt man eine horizontale Gliederung. Auf der Höhe der Fenstersimse liegt im Bereich des Mauerwerks eine Schicht schmaler Steine. Die darunter liegenden Steine sind gröber als die darüber liegenden. So hat man den Eindruck als gäbe es einen Sockel. Die verputzten Fensterleibungen wirken sehr clean und sind nicht ursprünglich. Was man auf der Südseite auch sehr gut erkennen kann, ist, dass die Fenster des Seitenflügels in keiner Beziehung zu den Fenstern des Obergadens stehen.

Rechts neben dem heutigen Portal erkennt man Umfassungssteine einer ehemaligen Tür. Diese wurde irgendwann zugemauert. Dabei war man nicht so sorgfältig wie beim umliegenden Mauerwerk. Zudem ist das zugemauerte Portal relativ niedrig. Dies könnte daran liegen, dass die Geländeoberfläche mit den Jahrhunderten durch Ablagerung von Schutt, Abfall und ähnlichem an Höhe zunahm. Während auf der Nordseite und insbesondere im Bereich der Hauptapsis ein Sockelmauerwerk zu erkennen ist, ist auf der Südseite ein Sockel nicht vorhanden. Dieser Sockel ist wahrscheinlich durch den Geländezuwachs verdeckt. Das jetzige Portal ist nachträglich eingebaut worden. Dies ist am über dem Portal noch zu erkennenden Umfassungsmauerwerk eines ehemaligen Fensters zu sehen. Die ursprünglichen Umrisse lassen dann auch wieder Rückschlüsse auf die Größe der umgebauten Fenster des Seitenschiffes zu.

Auch an der Stirnsüdseite des Querhauses erkennt man Umbauten im Bereich des Fensters. Statt des größeren Fensters gab es ursprünglich zwei kleinere Fenster. Diese Umbauten erfolgten um 1600 und dienten mit Sicherheit der besseren Belichtung des Querhauses.

Die Fenster der Ostwand des südlichen Querhauses sind noch in ihrer ursprünglichen Größe vorhanden.

In der Mitte des 16. Jahrhunderts wird die Sakristei angebaut. Hierbei wird die südliche Nebenapsis überbaut und ist nur noch zu einem Viertel im Halbrund zu erkennen. Zum gleichen Zeitpunkt erhält der Chor ein Kreuzrippengewölbe. Hierfür mussten die ursprünglich sehr hoch angelegten Fenster verschlossen werden. Die Umrisse der Fenster sind noch sehr gut zu erkennen.

Die Hauptapsis nimmt fast die gesamte Breite des Chores ein. Die Fenster sind vermutlich geringfügig vergrößert worden und die Fenstergewände wurden auch hier nachträglich verputzt.

Die nördliche Nebenapsis ist vollständig erhalten. Das Fenster ist wohl nicht ursprünglich, sondern nachträglich eingebaut. Wie bereits auf der Südseite sind auch hier die beiden Fenster des Chores verschlossen und ein größeres eingebaut worden, während die Ostseite des nördlichen Querhauses noch über zwei ursprüngliche Fenster verfügt.

Auch an der Nordseite des Querhauses zeigen sich die gleichen Umbauten, wie an der Südseite. Die beiden kleinen Fenster wurden zugunsten eines größeren Fensters verschlossen.

Die Nordseite des Kirchenschiffes unterscheidet sich nicht wesentlich von der Südseite. Auch hier erkennt man, dass die Fenster des Obergaden in keiner Beziehung zu den Fenstern des Seitenschiffes stehen.

Auf der gleichen Höhe wie auf der Südseite befand sich auch hier ein Portal.

Ein Westbau mit zwei Türmen wäre für die Bauzeit der Kirche sehr untypisch. In der Epoche der Romanik hat man breite Querriegel mit einem Satteldach als Abschluss gebaut. Der Turm macht auch definitiv bis zur nachträglich eingebauten Türmer-Wohnung den Eindruck eines gewaltigen Querriegels. Baufugen findet man unter den drei mittigen Schallöffnungen und unter den Schallöffnungen der beiden Türme. In der Literatur habe ich dazu nichts gefunden. Ich möchte jedoch eine Einschätzung wagen. Vielleicht schloss der Querriegel unter den Schallöffnungen der Türme ab. Die beiden Türme wurden nachträglich aufgebaut und für die Türmer-Wohnung hat man den Querriegel mittig eingeschnitten. Auch das Mauerwerk um die drei zentralen Schallöffnungen wirkt wie ein nachträglich eingesetztes Bauteil. Baufugen sind hier klar zu erkennen. Die Schallöffnungen der Türme sind mit Backstein eingefasst und man erkennt, dass es hier bereits umfangreiche Umbauten gegeben haben muss.

Der Turm an sich hat eine starke horizontale Gliederung, welche durch die gleich hohen Steinschichten hervorgerufen wird.

Im Jahr 1617, 31 Jahre nach dem Bau der Türmer-Wohnung in der Oberkirche erhielt auch die Unterkirche eine Türmer-Wohnung. Von der Ostseite des Turmes wirkt der Einbau wie ein Schwalbennest. Der Zweck war hier ebenfalls die Überwachung von sich an die Stadt nähernden Truppen und die Entdeckung von Brandherden.

Der Eingang zum Turm erfolgt über ein Rundbogenportal, welches scheinbar eine klassische romanische Handschrift trägt. Ich vermute jedoch, dass das Portal erst nachträglich eingebaut oder, ähnlich wie bei den Seitenschifffenstern, stark verändert wurde.

Wenn man die Kirche betritt, besticht zuerst die schmucklose Eleganz. Ich hatte bei meinen Besuchen in der Kirche die Möglichkeit zwei völlig unterschiedliche Eindrücke zu gewinnen. Als ich 2017 das erste Mal die Kirche besichtigte, dominierte das Kirchengestühl aus dem 19. Jahrhundert das Langhaus.

Mitten in der Corona-Pandemie kam ich wieder nach Burg und fand eine völlig veränderte Kirche vor. Die Bankreihen sind verschwunden und geben dem Kirchenraum ein völlig anderes Aussehen. Der Raum wirkte noch viel höher, die Wände mächtiger und wenn man sich nun vorstellt, dass die Wände bunt bemalt sind, bekommt man ungefähr einen Eindruck, wie das Kircheninnere in der Zeit der Romanik und Gotik die Menschen, die meistens nur ihre kleinen Häuser und Hütten kannten, beeindrucken musste.

Im 13. Jahrhundert entwickelte sich Burg zu einer florierenden Stadt. Die flämischen Siedler sind seit vielen Generationen hier ansässig und hatten sich wahrscheinlich schon voll integriert. Das Bürgertum erstarkte, was 1224 dazu führte, dass man ein Rathaus errichtete.

Auf dem Gelände der ehemaligen „Pieschelschen Anstalt“ entstand ein Hospital.

1285 hatten acht Bürger der Stadt das Recht Bier zu brauen. Die Tuchmacher errichteten sich ein Gildehaus und 1299 wird die Gründung der Tuchmacherinnung bestätigt.

Es gibt keine Ausstattungsstücke aus der Entstehungszeit der Kirche. Der älteste Grabstein stammt aus dem Jahr 1321 und zeigt in einer Ritzzeichnung den Prämonstratensermönch und Priester Johannes de Seden.

Ein weiteres mittelalterliches Relikt ist die Altarplatte mit mehreren Weihekreuzen. Weihekreuze wurden an den Stellen angebracht, an denen der Gegenstand oder die Wände mit Salböl gesalbt und mit Weihwasser besprengt wurden. Es ist ausschließlich ein katholischer Ritus. Demnach stammen die Weihekreuze an der Altarplatte aus vorreformatorischer Zeit.

Wie schon zur Oberkirche berichtet, sind die Burger ein recht streitbares Volk. Wegen der Beteiligung der Stadt Burg an den Auseinandersetzungen des Magdeburger Erzbischofs Günther gegen die Stadt Magdeburg im Jahr 1433 wird über die Kirchen der Stadt ein Bann gelegt.  Zwei Jahre lang bis zur Beilegung der Streitigkeiten dürfen in den Kirchen kein Abendmahl gegeben, keine Taufen durchgeführt und keine Glocken geläutet werden.

Eine kleine Besonderheit findet man im südlichen Turmraum. Auf den Backsteinen im Fußboden haben sich Tierspuren erhalten. Ähnliches hatte ich bereits in der Dorfkirche in Melkow gesehen. Ob diese Tierspuren bewusst gesetzt wurden um heidnischen Schutzgöttern zu frönen oder ob es eher Zufall war, wird man wohl nicht mehr ergründen können.

Der Taufstein hat eine ganz besondere Geschichte. Er besteht aus Kalkstein, welcher aus Kalksteinbrüche in der Nähe von Tournai in Belgien stammt. Im 12. Jahrhundert wurde der Taufstein durch flämische Siedler in die neue Heimat mitgenommen. Im Zuge der Restaurierung der Kirche im Jahr 1852 wurde der Taufstein aus der Kirche gebracht, weil er für den vorgesehenen Platz zu groß war und zudem nichtchristliche Symboliken aufwies. Der Taufstein war mit Metallbändern umschlossen, welche beim Transport verrutschten und der Taufstein in mehrere Teile zerfiel. Warum er zerstückelt war lässt sich wohl kaum noch nachvollziehen. Aber Spekulationen dürften wohl erlaubt sein. Die einfachste Erklärung wäre wohl, dass der Taufstein irgendwann einmal zerbrach und man ihn mit Hilfe der Metallbänder wieder zusammensetzte. Die schönste Erklärung ist allerdings, dass der Taufstein aufgrund seines Gewichtes von den Siedlern nur in Einzelteilen transportiert werden konnte. Welch einen Stellenwert musste so einem Gegenstand beigemessen gewesen sein, dass man bei all den wichtigen Dingen, die die Siedler transportieren mussten ausgerechnet auch noch ein schwerer Taufstein sein musste.

Die Decke des Mittelschiffes und auch des Querhauses hatten ursprünglich Flachdecken, wie sie in der Romanik üblich waren. Um 1600 wurde diese Flachdecke abgerissen und durch ein Tonnengewölbe ersetzt. Das Tonnengewölbe ist mit einer Holzverschalung versehen und die ein Gewölbe vortäuschenden Rippen sind auf die Verschalung aufgesetzt.

Auch das Querschiff hat ein verschaltes Tonnengewölbe. Doch im Gegensatz zum Hauptschiff sind hier die Rippen nur aufgemalt.

In den beiden Seitenschiffen blieben die Flachdecken erhalten.

Mitte des 16. Jahrhunderts wird dann auch die Flachdecke des Chores durch ein Kreuzrippengewölbe ersetzt. Die Gewölberippen liegen auf Konsolen auf und der Abschlussstein zeigt das Angus Dei.

Zur gleichen Zeit wird auch die Sakristei auf der Südseite des Chores angebaut und erhält ebenfalls ein Kreuzrippengewölbe.

Die Stadt Burg erhält in dieser Zeit ein neues Rathaus. Die Bürgerschaft scheint vor Selbstbewusstsein zu strotzen. Zeichen dafür ist die Errichtung des steinernen Rolands, der auf einen seit Anfang des 16. Jahrhunderts existierenden hölzernen Roland folgt. Der Stadtrat selbst besteht aus 154 Ratsmitgliedern. 94 Ratsmitglieder davon gehörten der Innung der Gewandschneider an. Dies zeigt die Bedeutung, die die Textilindustrie in der Stadt hatte.

Das Hängeepitaph im nördlichen Querhaus wurde vom Bildhauer Hanz Hierzig aus Überlingen am Bodensee geschaffen. Die Figuren hinter den Säulen stellen die Stifter Christoph von Eckstedt und seine Frau Ursula von Lossow dar. Das Epitaph wurde noch zu Lebzeiten des Paares geschaffen, da die letzten Jahreszahlen in der Inschrift fehlen.

Wie schon in der Nikoleikirche hat auch hier der Bildhauer Michael Spies seine Handschrift hinterlassen. 1610 schuf er die aus Sandstein bestehende Kanzel. Sie wird von Moses getragen. Die Reliefs sind aus Alabaster und vier von den fünf großen Reliefs direkt unter dem Kanzelkorb zeigen die Evangelisten. Das fünfte Relief besteht aus dem Wappen des Erbauers. Die darunterliegenden kleineren Reliefs zeigen die Kinder der Stifterfamilie. Auf dem Kanzelkorb sieht man knieend das Stifterehepaar und die Treppenwangen zieren die Ahnen der Stifter.

Mit dem Beginn des 17. Jahrhunderts kommen unruhige Zeiten auf die Stadtbewohner zu. Noch bevor der Dreißigjährige Krieg ausbricht, beherrschen Hexenprozesse den Stadtalltag. Ausgehend von einem Streit zwischen den Tuchmachern und Gewandschneidern kommt es zu gegenseitigen Schuldzuweisungen, die darin gipfeln, dass eine der Hexerei beschuldigte Frau „die Güldenpfennigsche“ unter der Folter drei weitere Frauen ebenfalls der Hexerei beschuldigt. Diese drei Frauen gehören der Oberschicht in Burg an, darunter auch die Tochter des Bürgermeisters, der gleichzeitig ein Gewandschneidemeister war. Trotz der Anschuldigungen unternimmt der Rat der Stadt nichts, was letztendlich 1619 zu Aufständen in der Stadt führte.

Die dann folgenden Wirren des Dreißigjährigen Krieges machten dann sicherlich solchen Auseinandersetzungen ein Ende. Ob es durchziehende Truppen beider verfeindeter Kriegsparteien waren oder die Pest, die in der Stadt wütete, es ging irgendwann nur noch um das nackte Überleben.

Der Altaraufsatz stammt aus dem Ende des 17. Jahrhunderts. Der barocke, säulengetragene Altar zeigt links Moses und rechts Johannes den Täufer. Das mittlere große Bild stellt eine Gethsemane-Szene dar, das untere Bild, die Petrella, zeigt erwartungsgemäß das Abendmahl und das obere Bild die Kreuzigung Jesu. Ursprünglich krönte den Altar ein Altaraufsatz aus der Werkstatt von Lucas Cranach.

Das Ende des 17. Jahrhunderts ist gekennzeichnet vom Zuzug, was sicherlich einem enormen Bevölkerungsschwund im dreißigjährigen Krieg geschuldet war. Da waren ab 1687 die Hugenotten, die aus Frankreich fliehen mussten und zehn Jahre später die Schwaben und die Deutschreformierten aus der Schweiz. Letztere brachten den Tabakanbau nach Burg.

Die beiden im Hauptschiff befindlichen Kronleuchter zeigen einen doppelköpfigen Adler und den Heiligen Nicolaus und stammen aus dem 17. Jahrhundert. Der gegenüber der Kanzel befindliche Kronleuchter ist dem 18. Jahrhundert zuzuordnen.

Im Jahr 1719 droht einer der Türme einzustürzen. Eine Reparatur wurde noch im gleichen Jahr vorgenommen und am 20.12. wieder ein Turmknopf aufgesetzt.

Die Stadt Burg selbst erlebt in dieser Zeit einen rasanten Bevölkerungszuwachs. Burg wird zur preußischen Garnisonsstadt. Die Tuchmacherei wird gefördert, denn die Armee braucht Uniformen. Aber auch Soldaten werden gebraucht. So ist überliefert, dass kurz vor Ostern an einem Sonntag mehrere Offiziere die Türen der Kirchen besetzten und die aus den Kirchen kommenden jungen Männer direkt rekrutierten. In der Unterkirche traf es 18 Männer.

150 Jahre später, im Jahr 1852, begannen, unter der Leitung des Baumeisters Schaeffer aus Magdeburg wieder Sanierungsarbeiten an der Kirche. Die Sanierung umfasste auch einige Neuerungen. So entstand die Orgelempore. 1895 wurde durch den Orgelbauer Reubke eine neue Orgel eingebaut. Die Sauer-Orgel fand 1900 ihren Platz auf der Empore. Darüber hinaus bekam die Kirche neue Türen. Die fünf vorhandenen Glocken wurden abgenommen und durch vier neue Glocken ersetzt.

Auf diesem und dem vorherigen Foto erkennt man wieder den Unterschied zwischen der Kirche mit und ohne Gestühl. Das Gestühl kam bei der Sanierung Mitte des 19. Jahrhunderts in die Kirche. An dieser Stelle wäre vielleicht der Moment einmal darüber nachzudenken, welches Zeitalter man denkmalschutzrechtlich bei der Ausstattung der Kirche zugrunde legt. Sicherlich hat jedes Zeitalter seine Berechtigung. Allerdings sollte auch immer die zeitgemäße Nutzung der Kirche Berücksichtigung finden. Eine lockere Bestuhlung gäbe den Blick frei in ein Raumgefühl, wie es wohl auch die Erbauer der Kirche angestrebt haben.

Die bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts bestehenden Deckengemälde wurden übertüncht. Einen kleinen Eindruck, wie die Wände und die Decke einmal ausgesehen haben bekommt man an einem Pfeifer auf der Südseite.

Im Zuge der Sanierung wurden von den sieben vorhandenen Glocken fünf eingeschmolzen. Hieraus entstanden vier neue Glocken.

Mit der Einführung der Stadtfernsprechanlage 1893 wurde die Türmer-Wohnung überflüssig.

Eine allgemeine Teuerung Ende des 19. Jahrhunderts bei den Rohstoffen und billige Importe aus Übersee ließen die Tuchmacherindustrie in Burg zusammenbrechen. An ihre Stelle trat die Schuhindustrie.

Mit dem 20. Jahrhundert begannen unruhige Zeiten. Für die Kriegswirtschaft im 1. Weltkrieg mussten die Orgelpfeifen und wohl auch einige Glocken geopfert werden. Als diese 1921 wieder neu gegossen wurden, ahnte noch niemand, dass 20 Jahre später den Glocken das gleiche Schicksal wie ihren Vorgängern zuteilwerden sollte.

Nach dem Zweiten Weltkrieg begann eine Zeit des Verfalls. Im Oktober 1974 musste die Kirche aufgrund ihres schlechten Bauzustandes gesperrt werden. Zwar deckte man die Türme mit Schiefer neu ein, aber der Verfall und auch mutwillige Zerstörungen gingen weiter. So wurden auch die ursprünglichen farbigen Bleiglasfenster eingeschlagen.

1984 begann man die Kirche zu sanieren. Im Mai 1990 wurde St. Nicolai mit einem festlichen Akt wiedereröffnet.

Die Madonna im südlichen Querhausarm ist eine Replik aus Gips, welche von einem Pfarrer Abael aus einer deutschen Gemeinde angefertigt wurde. Das Original muss aus dem 13. Jahrhundert stammen. Diese Replik ging als Dank für Nahrungs- und Kleiderspenden nach dem 2. Weltkrieg an die Kirchengemeinde St. Georg in Redditch in England. Seit 1994 pflegt die Kirchengemeinde St. Nicolai in Burg eine Partnerschaft mit der St. Georgsgemeinde in Redditch. Im April 2016 wurde in Burg ein Abschiedsgottesdienst gefeiert, da die Kiche St. Georg in Redditch geschlossen wurde. Im Rahmen dieser Abschiedsfeier wurde die „Madonna der Versöhnung“ an die Kirchengemeinde St. Nicolai übergeben und fand somit ihren Weg zurück nach Deutschland.