Eingebettet in Fachwerkhäusern, auf einem kleinen Hügel findet man die Pfarrkirche „Unserer Lieben Frauen“, die von den Burgern kurz nur Oberkirche genannt wird. Wenn es eine Oberkirche gibt, muss es auch eine Unterkirche geben. Diese befindet sich in der tiefergelegenen Neustadt und ist ebenfalls ein Teil der „Straße der Romanik“. Beide Kirche verbindet eine gemeinsame Ersterwähnung. In einer Urkunde aus dem Jahr 1186 wird die Oberkirche als Mutterkirche der Unterkirche genannt. Näheres zu dieser Urkunde kann man im Bericht zur Unterkirche nachlesen. Welche der beiden Kirchen nun die Ältere ist, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. In dieser Urkunde wird die Oberkirche als „St. Maria in Monte“ bezeichnet. Monte bedeutet nichts anderes als Berg und bezieht sich damit auf die Lage auf einem Berg oder eben hier einem Hügel. War es vielleicht so, dass man mit dieser Namensgebung eine genauere Lagebezeichnung hinzufügte in Abgrenzung zur bereits vorhandenen Kirche in der tiefergelegenen Ansiedlung?
Burg wurde bereits im Jahr 948 in einer Stiftungsurkunde von Otto I. dem Großen erstmals erwähnt. In dieser Urkunde wurde die Stadt vom Zehnt gegenüber dem beherrschenden Bistum Brandenburg befreit. Östlich der Elbe war ehemaliges Slawenland. Die Befreiung vom Zehnt würde man heute wohl Wirtschaftsförderung nennen. Man wollte Ansiedlungen stärken und damit die Landnahme sichern. Diese Maßnahmen zeigten dann wohl auch Wirkung. Es siedelten sich Tuchmacher und Bierbrauer aus Flandern und Brabant (heutiges Belgien) in der Unterstadt an. Durch Deichbau wurden Flächen für die Landwirtschaft nutzbar gemacht und es wurde sogar Wein angebaut. Die Tuchmacherei wurde über viele Jahrhunderte zum Hauptwirtschaftszweig in Buch. Bereits 1176 gewährt Erzbischof Wichmann den Burger Tuchmachern das Recht in Magdeburg Handel zu treiben und Verkaufsstätten zu errichten. 1266 wurde Burger Tuch bereits in Breslau gehandelt.
Das Schicksal der Ansiedlung Burg ab 983, als die Slawen die Gebiete östlich der Elbe zurückeroberten, ist weitestgehend unklar. Erst aus dem 11. Jahrhundert ist bekannt, dass eine Stadtbefestigung gebaut wurde. Die Lage der Stadt samt mit Sicherheit schon bestehender Kirche auf einem Hügel war sicher von Vorteil. Fußläufig zur Oberkirche findet man den Hexenturm, welcher Teil der ersten Stadtbefestigung der Oberstadt war. Seinen Namen erhielt der Turm zu Zeiten der Hexenverfolgung im 17. Jahrhundert. Hier wurden Frauen weggesperrt, welche man der Hexerei bezichtigte. Für diese Frauen steht die bekannteste mit Namen „Schwarze Barbara“. Aber auch die stadtbekannte Kindsmörderin „Marie Huhn“ saß hier ein. Bis 1846 diente der Turm noch als „Kriminalgefängnis für lüderliche Mädgens“.
Bauteile aus der Zeit der Ersterwähnung findet man nur noch im Bereich der Apsis des nördlichen Seitenschiffes und des Untergeschosses des Westriegels. Der Westriegel wurde wahrscheinlich bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts errichtet. Es war die Spätromanik und die Türme waren damals noch nicht vorhanden. Den oberen Abschluss des Turmes bildete wohl eher ein Satteldach, wie man es auf vielen romanischen Kirchtürmen der Umgebung heute noch findet.
Das Westportal ist recht einfach angelegt, aber bereits mit einem gotischen Spitzbogen versehen. Das Portal ist mit zweifach gestuftem Gewände und mit einem einfachen Kämpfergesims ausgestattet.
Wesentlich prunkvoller zeigt sich das Südportal, welches das eigentliche Hauptportal ist. Durch das prachtvolle mehrfach gestufte Portal, mit einem schönen Maßwerk im Tympanon und beidseitigen mit Krabben besetzten Fialen betritt man die Kirche.
Die Stadt entwickelte sich schnell. Es gab bereits ein Rathaus, was von einer recht selbstbewussten Bürgerschaft zeugt, und ein Hospital als 1268 Dreiviertel der Stadt einschließlich der Oberkirche einem Feuer zum Opfer fielen. Die romanische Kirche wurde unwiederbringlich zerstört und damit ihre Geschichte. Die Uhren tickten zu dieser Zeit bereits anders. Die Gotik mit ihren Spitzbögen, Maßwerken und den nach oben strebenden Wänden war angesagt. Und so begann 20 Jahre später der Wiederaufbau der Kirche, der 300 Jahre dauerte.
Unterhalb des Mittelfensters der Hauptapsis findet man eine Ablasstafel. Es handelt sich um einen Ablass des Bischoffs Dietrich von Brandenburg. Ablässe wurden gern an Außenwänden in Form von Inschriften präsentiert. Zeugten sie doch von einer gewissen Bedeutung einer Kirche. Mit Hilfe des Ablasses konnte die Kirche finanzielle Mittel aus Spenden generieren. Als Gegenwert für die Spenden wurden Sünden erlassen und das Seelenheil lieber Verstorbener gestärkt. Da ungefähr zwei Jahre nach der Gewährung des Ablasses der gotische Umbau des Chores begann, liegt die Vermutung nahe, dass die Einnahmen für den Weiterbau der Kirche verwendet wurden.
Mit dem gotischen Neubau bekam die Kirche auf den verbliebenen Resten des romanischen Querriegels einen neuen Kirchturm mit zwei Turmspitzen.
Ein Stückchen weiter auf der Nordseite kann man, etwas versteckt, neben dem Sakristei-Anbau noch das aus romanischer Zeit stammende Halbrund der Nebenapsis entdecken.
Der Ostgiebel wurde 1567 bereits im Stil der Renaissance erneuert.
Die Kirche besteht aus gehauenen Feldsteinen. Zur Zeit der Erbauung eine eher traditionelle Bauweise, denn der Backsteinbau war im 13. Jahrhundert schon weit verbreitet. Vielleicht ist man aber auch nur dem romanischen Vorgängerbau in seiner Bauweise gefolgt. Die Außenseite des Langhauses ist von vorgelagerten Stützen gekennzeichnet, die die Last aus dem Gewölbe aufnehmen und ins Fundament ableiten. Der Chor besitzt keine Wandstützen, da dieser eine Flachdecke besitzt und die Kräfte hier gerade über die Außenwände auf das Fundament geleitet werden. Die Einfassung der Fenster erfolgte in Sandstein.
Und wie immer dient so ein Rundgang um die Kirche dazu, den Steinen beim Sprechen zuzuschauen. An einigen verbauten Sandsteinen findet man auch hier die Steinmetzzeichen. Es sind Hinterlassenschaften der Männer, die die Steine in die richtige Form geschlagen haben und durch ihre Unterschrift auf dem Stein noch heute irgendwie gegenwärtig erscheinen.
Im Bereich der Apsis, dem heiligsten Teil der Kirche, ist der bevorzugte Platz für Kratzspuren. Ein bisschen Steinmehl aus dem Sandstein der Heimatkirche gekratzt, in ein kleines Säckchen oder eine Dose verpackt, war damals der beste Schutz gegen Unheil auf Reisen oder im Krieg.
An einigen Stellen erkennt man noch die Ritzungen in den Mörtelfugen zwischen den Feldsteinen. Im Mittelalter hat man oft die Feldsteine überputzt und mit rechteckig angelegten Ritzungen im Putz die Verwendung von teurem Sandstein vorgetäuscht. Hier wurden die Feldsteinköpfe nicht überputzt, sondern nur Ritzungen in den Mörtelfugen vorgenommen. Wahrscheinlich war es nur ein Gestaltungselement um die Ansicht der horizontal angelegten Feldsteinreihen zu betonen. Grundsätzlich lassen sich an der Kirche viele verschiedene Qualitäten des Feldsteinbaus ausmachen. Große Teile eines ca. ein Meter hohen Sockels, die Apsis und der Turm sind sehr fein gearbeitet, mit geraden horizontalen Fugen.
Auf der Nordseite der Kirche findet man einen gotischen Anbau, der vielleicht einmal als kleine Kapelle diente. Oft wurden solche Kapellen von begüterten Personen gestiftet. Darüber ist hier jedoch nichts bekannt.
Der Giebel ist mit reichhaltigen Schmuckelementen versehen. Direkt über der Tür befindet sich ein fünfteiliger Vierpassfries und darüber eine Galerie mit drei Nischen, wobei nur die mittlere mit einem figürlichen Relief versehen ist.
Den Innenraum der Kirche dominieren gotische Spitzbögen. Mächtige, nach oben strebende Rechteckpfeiler tragen auf Konsolen das Kreuzrippengewölbe. Die Gewölberippen setzen sich durch das Rot des verwendeten Backsteins gut vom hellen Untergrund der Gewölbeflächen ab.
Die Seitenschiffe sind jeweils halb so breit wie das Hauptschiff. Im Bereich der Außenwand des südlichen Seitenschiffes liegen die Gewölberippen auf halbrunden Wanddiensten auf.
Beim nördlichen Seitenschiff liegen die Gewölberippen auf Konsolen auf. Hier befindet sich auch die aus romanischer Zeit stammende Nebenapsis. Das dort befindliche Kruzifix stammt aus dem 16. Jahrhundert.
Das älteste Ausstattungsstück der Kirche befindet sich in der Vorhalle des Westeinganges. Es ist eine Grabplatte aus der Mitte des 14. Jahrhundert und zeigt den verstorbenen Priester Johannes Rieke. Die Grabplatte wurde neben noch zwei anderen mittelalterlichen Steinreliefs 1935 bei Abrissarbeiten gefunden.
Die Stadt Burg tritt 1325 einem Bündnis der Städte Magdeburg, Calbe und Halle gegen den Magdeburger Erzbischof Burchard III. bei. Meinem Bericht über den Magdeburger Dom enthält eine kleine Geschichte über eben diesen Erzbischof und wie er zu Tode kam. Er soll von vier Wächter erschlagen worden sein. Diese vier Wächter sollen aus den Städten des Bündnisses, also auch aus Burg gekommen sein.
Wahrscheinlich nicht wesentlich jünger als die Grabplatte ist die Figurengruppe an der Westwand der Kirche. Was die ursprüngliche Aufgabe dieser Figuren war, ist nicht mehr nachvollziehbar. Vielleicht entstammen Sie einem ehemaligen Lettner, den es in der Kirche gab und der das gemeine Volk von den Ordensträgern trennte. Vielleicht gehören die Figuren aber auch in die leeren Nischen an der Fassade des gotischen Anbaus auf der Nordseite der Kirche.
Im Bereich des Chores findet man drei verschiedene Sakramentsnischen. Sie sind wohl zu unterschiedlichen Zeiten entstanden und dienten der Unterbringung von Utensilien für den Gottesdienst.
Der Altar wurde im Jahr 1359 eingeweiht. Der Altaraufsatz kam erst im 17. Jahrhundert dazu. Bei der Anfertigung des Altares sollen 20 Stück Knochen eingemauert worden sein.
Im 14. Jahrhundert bekommt Burg sein eigenes Landrecht. Es ist immer wieder interessant in diesen Rechtsbüchern zu lesen. So wurde hier das Erbrecht unter Ehegatten geregelt. Grundsätzlich gehörte das Vermögen bei Ehepartnern jedem je zur Hälfte. Starb ein Ehepartner erhielt der Überlebende das gesamte Vermögen und wurde zudem Vormund der Kinder. Hierbei wurde nicht nach Geschlecht unterschieden. Todschlag und Raub wurde durch Enthauptung gesühnt, bei Körperverletzung wurde dem Täter eine Hand abgeschlagen. Falschmünzer wurden in einem Holzfass verbrannt und Diebstahl von mehr als drei Schillingen oder bei Nacht (nächtlicher Sonderfrieden) wurde mit Erhängen bestraft. Ein grausames aber auch in Teilen für das Mittelalter sehr fortschrittliches Recht.
Im Jahr 1539 wurde die südliche Kirchturmspitze erneuert. Während eines Sommergewitters ein Jahr später schlägt der Blitz dort ein, so dass der Turm aufgrund der Schäden umklammert werden musste. Aber nicht nur der Turm geriet ins Wanken. Auch der katholische Glaube wurde in dieser Zeit erschüttert. Am 14. Juni 1541 hielt Pfarrer Georg Plato die erste evangelische Predigt in der Oberkirche. Das in der Stadt bestehende Franziskaner-Kloster fällt der Reformation zum Opfer. Die Klostergebäude werden später zu einer Schule umgebaut.
Im Jahr 1585 erhielt der Südturm dann eine Achteckhaube und ist somit 80 Meter hoch. Im Turmknauf hat man an die nachfolgenden Generationen einige Nachrichten hinterlassen, welche 1749 gefunden wurde. Hierin wird von der Türkensteuer, der Getränkesteuer und einer allgemeinen Teuerung berichtet.
Ein Jahr nachdem der Südturm fertig gestellt war, widmete man sich dem Nordturm. In den vergangenen Jahrzehnten kam es in der Stadt immer wieder zu Bränden. Ganze Häuserzeilen fielen den Feuersbrünsten zum Opfer. Dies war unter anderem ein Grund für die Errichtung einer Türmer-Wohnung. Die Früherkennung von Brandherden sollte die starke Ausbreitung des Feuers eindämmen. Im Zuge der Arbeiten erhielt der Turm eine geschweifte Haube mit Laterne und eine Turmuhr.
Mit dem Küster bot sich mir die Gelegenheit den Turm zur Türmer-Wohnung zu besteigen. Dies erwies sich aufgrund der Ursprünglichkeit des Innenlebens des Turmes als recht abenteuerlich aber auch sehr interessant.
Auf dem Dachboden des Langhauses konnte ich die Gewölbedecke von oben betrachten. Es ist schon sehr beeindruckend zu sehen, wie massiv die, von unten so leicht wirkenden Gewölbe gebaut sind. Hier wird einem erst einmal richtig bewusst, welche Kunstfertigkeiten und vor allem welches Wissen die Baumeister damals hatten.
Auf dem Weg nach oben einige Relikte aus der Vergangenheit, wie die Gedenktafeln der Gefallenen aus dem 1. Weltkrieg.
Auf meinem Weg über die Straße der Romanik sind mir schon viele Kuriositäten begegnet. Diese hier gehört mit Sicherheit zu den Top10. Der Weg bis zur Türmer-Wohnung ist lang und beschwerlich. Das musste ich auch feststellen. Da überlegt man sich tatsächlich wie oft man hoch und runter geht und vor allem, was man alles nach oben trägt. Fleisch gehörte offensichtlich nicht zu den Dingen, die den Aufstieg beschwerlich machte, denn dies hier ist ein Schweinestall. Der Türmer hielt sich ein Schwein in luftiger Höhe. Beschwerlichkeit macht eben kreativ.
Eine Glocke von unten zu fotografieren, kann jeder, aber von oben…
Die Türmer-Wohnung an sich gibt es nicht mehr, aber an bestimmten Details erkennt man, dass dies nicht nur ein schlichter Dachboden war.
So anstrengend der Aufstieg auch war, die Aussicht belohnt.
Der Abstieg vom Turm war eigentlich die größte Herausforderung, gab aber nochmal einen kleinen Eindruck von der Ursprünglichkeit des Innenlebens des Turmes.
Ende des 16. Jahrhunderts zeigen sich Bauschäden an den Außenwänden des Chores. Die fehlenden vorgelagerten Stützpfeiler, wie sie am Langhaus vorgesehen sind, mögen hierfür eine Ursache gewesen sein. In der Folge der Bauschäden wurde das Gewölbe abgerissen und durch eine Flachdecke ersetzt, welche eine wunderschöne Kassettendecke erhielt.
1607 begann man die Kirchenausstattung zu modernisieren. Es war die Hochzeit der Renaissance, als die Kirche vom Bildhauer Michael Spies neu ausgestattet wurde. Als erstes wäre hier die Taufe aus Sandstein zu nennen.
Das Hochaltarretabel ist ein wahres Prachtstück der Bildhauerkunst. Es ist aus Sandstein gefertigt und die Figuren bestehen aus Alabaster. Die Opulenz weist schon ein wenig in die Richtung des Barock. Der Altar wurde von Frau Catharina Köppens gestiftet. Sie war die Ehefrau des Bürgermeisters Alberti Willmann und hat diesen Altar ihm und ihrer sämtlichen verstorbenen 17 Kindern gewidmet. Hiervon wird auf der Rückseite des Altars in Form einer Inschrift berichtet.
Ob auch die Kanzel von Michael Spies gefertigt wurde, ist nicht gesichert. Auch die Kanzel besteht aus Sandstein und Alabaster. Paulus trägt den Kanzelkorb, auf dem Schalldeckel findet man die Dreifaltigkeit in Form des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes als Taube. Bereits die Lage der Kanzel inmitten der Gläubigen macht die protestantische Ausrichtung der Kirche klar. Aber zur Sicherheit hat man den Reformator Martin Luther noch abgebildet. Ein feines Suchspiel.
An der Nordwand der Kirche befindet sich noch ein Epitaph zu Ehren des 1599 gestorbenen Bürgermeisters Johannes Rudolph. Dieses Epitaph ist ebenfalls von Michael Spies geschaffen worden.
Über ein Jahrhundert habe ich keine weiteren Daten zur Kirche gefunden. Im Allgemeinen kennzeichnet es entweder eine Zeit der Ruhe und Zufriedenheit oder genau das Gegenteil. Hier wird es wohl das Gegenteil gewesen sein, denn das 17. Jahrhundert ist geprägt durch die Wirren des 30-jährigen Krieges. Mal belagern und plündern die kaiserlichen Truppen die Stadt, mal überfallen und brandschatzen die Schweden die Stadt. Burg wird zum Spielball der Kriegsmächte. Gerade im Gebiet zwischen Wittenberg und Magdeburg, welches protestantisch geprägt ist, tobt der Krieg. Im Mai 1635 tritt das Erzbistum Magdeburg die Stadt an das Kurhaus Sachsen ab. Burg wird wieder katholisch. Diese Abtretung wird im Westfälischen Frieden 1648 bestätigt. Neun Jahre später geht Burg durch Erbteilung an Sachsen-Weißenfels. 1687 wird Burg dann für 33.000 Taler an Kurbrandenburg verkauft. Spätestens zu diesem Zeitpunkt dürfte sich der Protestantismus wieder durchgesetzt haben.
Schon weit vor dem Dreißigjährigen Krieg bis in die 80-er Jahre des 17. Jahrhunderts gibt es immer wieder Berichte über die Pest. So starben 1566 ungefähr 2.200 Menschen an der Pest und 1680 raffte die Epidemie 1.000 Menschen dahin.
Die Glocke im Kirchturm hat eine recht wechselvolle Geschichte. 1729 schlägt der Blitz in den Kirchturm ein. Die Glocke wird beschädigt und ein Jahr später zerschlagen. Die Bronzestücke wurde eingeschmolzen und zu einer neuen Glocke gegossen, die im Mai 1731 wieder im Kirchturm aufgehangen wird. Bei einem Sommergewitter desselben Jahres schlägt wieder ein Blitz in den Kirchturm ein und die neue Glocke stürzt ab. Die Bronze der Glocke wird nun verkauft. Ich könnte mir vorstellen, dass man glaubte, dass das Material kein Glück bringt und wollte es loswerden. Vom Erlös des Verkaufes wurde ein neues Pfarrhaus errichtet.
Mit dem 19. Jahrhundert halten völlig neue Technologien Einzug in die Stadt. Im Jahr 1836 nahm die erste Dampfmaschine in einer Tuchfabrik ihren Betrieb auf. Zehn Jahre später fuhr der erste Zug vom neuen Burger Bahnhof nach Magdeburg. Und die erste elektrische Beleuchtung erhellte ein Wintervergnügen im Jahr 1883. Als 1894 dann das erste Auto durch Burg fuhr, sorgte dies für viel Aufsehen. Im gleichen Jahr erfolgte Inbetriebnahme einer Stadtfernsprechanlage, die 39 Teilnehmer hatte. Damit wurde die Türmer-Wohnung im Nordturm überflüssig und 1901 aufgegeben.
Das 20. Jahrhundert begann mit dem katastrophalen 1. Weltkrieg, welchem die Orgelpfeifen zu Gunsten der Waffenproduktion zum Opfer fielen. Im 2. Weltkrieg musste die Glocke geopfert werden. Von Zerstörungen blieb die Kirche jedoch glücklicherweise verschont.
Seit Mitte des 20. Jahrhundert fanden immer wieder Sanierungsarbeiten statt. So wurden 1962 die beiden Wandmalereien an der Westwand der Kirche entdeckt. Links sieht man den Heiligen Christopherus und rechts Maria.
1995 fand in der Oberkirche, die einst katholisch war und jetzt evangelisch ist, die erste Hochzeit einer Christin mit einem Moslems statt. In der Vergangenheit wäre dies absolut undenkbar gewesen. Erst wenn wir unseren Blick weiten sowohl in die Vergangenheit aber auch in die Zukunft, werden wir feststellen, dass kein Tabu in Stein gemeißelt ist. Und wenn doch, dann wird irgendjemand, irgendwann davorstehen und darüber schmunzeln.