Das Dorf Melkow gehörte wahrscheinlich zu den 11 Dörfern, die Bischof Anselm von Havelberg dem Kloster Jerichow kurz nach dessen Gründung 1146 übereignete. Das Einkommen aus diesen Dörfern sicherte den Mönchen des Klosters das Überleben. Eine Urkunde aus dem Jahr 1254 soll besagen, dass das Stift in Jerichow das Dorf Melkow von einen Johannes von Jerichow erworben hat. Durch diese Urkunde wurde das Dorf im Jahr 1254 auch erstmalig schriftlich erwähnt.
Melkow ist ein typisches Angerdorf. Das heißt, die Kirche befindet sich in der Mitte des Dorfes auf einer Straßeninsel. Dem Namen nach ist es vermutlich eine slawische Ansiedlung.
Mitglieder des Geschichtskreises im Kirchenspiel Wulkow-Wust haben ein Slawendorf nachgestaltet, welches man auch in der Kirche findet.
Als im Jahr 1147 die Sachsen die Elbslawen wieder zurückdrängten, dürfte das nicht ohne Folgen für das slawische Dorf geblieben sein. Sicherlich verließen viele der dort ansässigen Elbslawen ihre angestammte Heimat und zogen Richtung Osten. Viele Dörfer in der Umgebung fielen in dieser Zeit wüst. Um dem Bevölkerungsrückgang entgegen zu wirken, siedelte Albrecht der Bär Holländer und Flamen in der Gegend der Altmark und im Jerichower Landes an. Es ist anzunehmen, dass die Mönche des Klosters Jerichow ein großes Interesse daran hatten, dass Melkow als Dorf bestehen blieb, denn schließlich bezogen sie ihre Einnahmen von den dort ansässigen Bauern. Es wird wohl einige Zeit gedauert haben, bis sich die Situation entschärft hatte. Es gingen ungefähr 50 Jahre ins Land. Die Einwanderer hatten sich etabliert, die dritte Generation nach der Einwanderung wuchs bereits heran.
Vermutlich existierte bereits über Jahrzehnte eine Holzkirche. Ein Dorf unter klösterlichem Einfluss wird nicht ohne ein Gotteshaus gewesen sein. Die Jahrzehnte werden der Holzkirche kräftig zugesetzt haben. Gleichzeitig wird das Dorf auch gewachsen sein. Eine neue Kirche musste her. Angelehnt an den Klosterkirchenbau in Jerichow errichtete man die heute noch bestehende Backsteinkirche. Die beim Bau verwendeten Hölzer wurden dendrochronologisch untersucht. Das Fälldatum kann demnach auf 1202 festgesetzt werden. Damit gehört die Kirche in Melkow, neben der Dorfkirche in Wust zu den ältesten Dorfkirchen im Jerichower Land.
Schaut man sich die Kirche etwas von weitem an, wirkt das Langhaus sehr gedrungen. Insgesamt ist die Kirche dadurch etwas unproportional. Dies müssen auch schon die Bauherren gesehen haben, denn durch die Anordnung der Lisenen und der Schmuckbänder haben sie versucht, das Langhaus optisch in den Turm zu verlängern. Man könnte fast denken, der Turm ist auf das Langhaus aufgesetzt worden. Aber dem ist nicht so. Die Kirche wurde gleichmäßig in ihrer jetzigen vollständigen Gestalt errichtet. Alle Erklärungsversuche zum verkürzten Langhaus und der scheinbar aus der Not heraus entstandenen optischen Verlängerung sind reine Spekulationen. Vielleicht gab es ein Platzproblem. Vielleicht hat sich der „Architekt“ etwas Besonderes ausdenken wollen und versucht mit optischen Mitteln zu spielen.
In diesem Zusammenhang ist auch die auf dem nebenstehenden Bild abgebildete Ungereimtheit interessant. Unter der Traufe verläuft umlaufend um die Kirche ein Winkelfries. Auf der Südseite im Bereich des Überganges zum Turm wird er durch vier Rundbögen unterbrochen. Nun ließ sich der Winkelfries relativ leicht herstellen, wogegen der Rundbogenfries bereits recht professionell hergestellte Formsteine benötigte. War es ein Testlauf, der sich dann doch als zu aufwändig herausstellte? Schaut man sich den Rundbogenfries genauer an, stellt man schnell fest, dass hier experimentiert wurde. Es wurden ungleich große Backsteine eingesetzt. Die Fugen sind ebenfalls unterschiedlich stark, da sie die unprofessionell „zugeschnittenen“ Backsteine auszugleichen versuchen. Ich dachte hier sofort an die Kirche in Schönhausen, wo der verschieden gestaltete Fries der Kirche etwas Besonderes verleiht. Steht hier beides vielleicht irgendwie im Zusammenhang? Die Kirche in Melkow dürfte jedenfalls die Ältere sein.
Dass bei dieser Kirche jedenfalls keine Dilettanten am Werk waren, beweist schon die fast konsequente Durchsetzung des sogenannten Gotischen Mauerwerkverbandes. Hier wechseln sich zwei Läufer (Ziegel mit Längsseite) immer mit einem Binder (Ziegel mit Stirnseite) ab. Die Bauleute waren hier äußerst genau, was eine tatsächliche Ausnahme beim mittelalterlichen Backsteinbau im Jerichower Land ist.
Und da wir gerade beim Mauerwerk sind, fallen auch hier wieder die Rillen und Näpfchen auf. Man kann lange spekulieren, wie diese Formen entstanden sind. Was am meisten Sinn macht, ist, dass sich die Menschen vom Stein der Kirche Gutes erhofften. Ob es ein Talisman für den Alltag war oder etwas Vertrautes von zu Hause. Dem mit einem Löffel abgeschabte Gesteinsmehl sprach man wundersame Kräfte zu. So, wie mancher noch heute ein wenig Erde aus der Heimat aufbewahrt.
Auf einer Lisene am östlichen Ende des Chores auf der Südseite findet man noch zwei eingeritzte Sonnenuhren. Wozu dienten diese? Ganz sicher nicht als Zeitanzeige im Alltag, wenn der Müller sich mit dem Schmied um 12.00 Uhr zum Mittagessen verabredete. Die Sonnenuhren zeigten keine Tageszeit an. Sie dienten dem Priester als Orientierung, wann die Glocken zu läuten sind und die Dorfbewohner zum Gottesdienst zu erscheinen hatten. Und wenn die Sonne einmal nicht schien, wurde geschätzt. Läuteten die Glocken war Gottesdienst, die Kirche gab den Takt an.
Die halbrunde Apsis hat drei Fenster, wobei das mittlere Fenster etwas höher angelegt ist. Entsprechend der religiösen Bedeutung der Apsis verfügt diese auch über einen wesentlich aufwändigeren Schmuck. Unter der Traufe verläuft ein deutsches Band mit darunter liegendem Rautenfries.
Steht man nun vor der Nordseite des Chores sieht man eigentlich nur eine grüne bewachsene Wand, was ziemlich schade ist, denn gerade diese Seite ist die Interessantere. Bereits mit dem Bau der Kirche sah man eine Sakristei vor. Reste hiervon kann man noch an einer hervorkragenden Backsteinschicht in ca. 2,5 Meter Höhe erkennen. Als ein weiteres Indiz für einen bauzeitlichen Anbau kann man den fehlenden Sockel sehen. Der Anbau erstreckte sich von der Ostwand des Chores bis kurz vor der halb zugemauerten Tür hinter der Ostwand des Langhauses. Die östlich gelegene kaum noch zu erkennende Tür war der Zugang zum Anbau von der Kirche aus. Die westlich gelegene Tür war wahrscheinlich die Priesterpforte. Seltsam ist, dass diese Priesterpforte nicht über eine Rechteckrahmung verfügt, wie die beiden Zugänge zum Langhaus und das Westportal.
Das Westportal ähnelt im Aufbau den Portalen auf der Süd- und Nordseite des Langhauses. Es ist natürlich etwas größer aber auch rechteckig gerahmt. Es gibt aber einen entscheidenden Unterschied. Dieses Portal ist als einziger Bogen an der gesamten Kirche einschließlich des großen Chorbogens mit einem Kämpfer versehen.
Der Turm ist ein für die Gegend typischer Westriegel. Zwischen der Traufe und den rundbogigen Schallöffnungen befindet sich ein Winkelfries. Durch den Bewuchs schon fast verdeckt, auf Höhe des Langhauses ist ein Rautenfries. Was bereits völlig vom Bewuchs verdeckt wird, ist ein Rundbogenfenster mit einer Arkade.
Der Turm wirkt wuchtig und wie ein Bollwerk. Das lässt die Vermutung zu, dass der Turm Verteidigungszwecken diente. Vielleicht war es auch so, allerdings sprechen einige Dinge auch dagegen. Zum ersten ist das Westportal eine Schwachstelle, selbst wenn diese Tür auf der Innenseite über Nischen für einen Sperrbalken verfügt.
Der große Rundbogen in der Turmostwand, der das Langhaus und den Turm miteinander verbindet spricht eine andere Sprache. Zu Verteidigungszwecken war der Turm sicherlich nicht gebaut worden. Aber mit Sicherheit diente die Kirche dazu, dass im Falle eines Angriffes die Dorfbevölkerung sich hierhin zurückzog. War die Kirche doch oft, das einzige massive Gebäude im Dorf.
Vom Inneren des Turmes lässt sich nun auch das romanische Rundbogenfenster über dem Westportal betrachten.
Der Innenraum der Kirche wird bestimmt vom großen Chorbogen und dem kleineren Apsisbogen. Die Holzdecke des Langhauses ist bauzeitlich und der Chor ist durch ein einfaches Kreuzgratgewölbe abgeschlossen. Als ich die Kirche betrat, fiel mir sofort der dominierende Kronleuchter auf, der trotz seiner modernen Form durchaus historisch anmutet.
Ungefähr 50 Jahre nach der Kirche entstand der Taufstein. Allerdings wurde dieser nicht für diese Kirche hergestellt, sondern stand in einer anderen Kirche. Erst 1953 fand er hier seinen Platz, nachdem er als Waschzuber und Blumenkübel zweckentfremdet wurde. Die noch erhaltenen Figuren geben einige Rätsel auf. Manche halten Sie für Ritter, andere wieder für Pilger. Mag sich jeder seinen Reim darauf machen.
Was ich fast übersehen hätte, sind diese Tierspuren auf den Bodensteinen. Diese sind verteilt auf die gesamte Kirche. Ich habe so etwas noch nie gesehen und war sehr überrascht, als ich bei meinen Recherchen las, dass in Backsteinen eingelassene Tierspuren relativ oft in Kirchen vorkommen. Ein befreundeter Jäger konnte diese Spuren keinem Tier zuordnen. Das legt natürlich den Verdacht nahe, dass nicht Tiere, die im Trocknungsvorgang über die Steine gelaufen sind, diese Abdrücke hinterlassen haben, sondern dass die Steine bewusst gekennzeichnet wurden. Und hier gibt es mehrere Vermutungen. Zum einen könnten diese als Ersatz für Bauopfer dienen oder sie sollten die Kirche bewachen und böse Geister, Hexen und Dämonen fernhalten. Aberglaube, der oft seinen Ursprung in alten germanischen Bräuchen hatte, und das Christentum lagen dicht beieinander.
Im Bereich der Apsis findet man die Sakramentsnische. Hierin wurden die Utensilien wie sakrale Gefäße, Hostienbehälter, also alles, was die Liturgie an Gerätschaften für den Gottesdienst vorschrieb, aufbewahrt.
Aus dem 15. Jahrhundert stammt das geschnitzte Kruzifix.
Nach der Reformation wird das Patronatsrecht auf das landesherrliche Amt Jerichow übertragen. Im Dreißigjährigen Krieg wird die gesamte Ausstattung der Kirche geplündert. Im Jahr 1682 wurde ein in einem Garten vergrabener Abendmahlkelch und ein Hostienteller gefunden. Diese befinden sich heute im Kloster Jerichow.
Im Jahr 1726 wird das Patronatsrecht an der Kirche auf die Adelsfamilie von Katte übertragen. Dieses hatte bis ins 20. Jahrhundert bestand.
Die beiden Weltkriege, insbesondere der 2. Weltkrieg ging nicht ohne Beschädigungen an der Kirche vorbei. Was man auch für normale Mauerwerksschäden an der Apsis halten könnte, sind tatsächlich Zerstörungen durch Beschuss der Kirche. In der Kirche wurde in den letzten Kriegstagen ein Widerstandsnest installiert, was zum Beschuss führte. Glücklicherweise hielt die Kirche diesem Wahnsinn stand.
Kurz nach dem Krieg, so um 1950, wird die Kirche saniert und erhält wieder ihr ursprüngliches romanisches Aussehen. In den 80-ern und 90-er Jahren werden Innenraum und Dach instandgesetzt.
Für mich ist es immer wieder erstaunlich, wie lange sich solche Gebäude erhalten haben und wie sie sich den Stürmen der Jahrhunderte widersetzen konnten. In unserer schnelllebigen Zeit sind sie wie ein Anker der uns für einen Moment dem Rausch der Zeit entzieht und uns erdet.