Im Jahre 942 erhob sich auf dem 25 Meter hohen Kalksteinfelsen über der Aller eine Burg. Zu Fuße der Anhöhe lag die keine Ansiedlung Walbeck.
Der Ausblick vom Felsen in das Tal ist wirklich nicht zu verachten.
Die Ersterwähnung von Walbeck im Jahre 929 geht auf Aufzeichnungen des Thietmar von Merseburg zurück. Dieser berichtete nämlich von seinem Großvater Lothar von Walbeck, welcher am 05. September 929 in der Schlacht von Lenzen gefallen ist. Demnach ist Thietmar von Merseburg selbst ein Nachkomme der Grafen von Walbeck, was alleine schon die überregionale Bedeutung dieses Ortes verdeutlicht.
Ortskundige werden an dieser Stelle vielleicht stutzig, feierte man doch die Jahrfeiern in Walbeck nicht in Jahren mit einer 9 am Ende der Jahreszahl, sondern in Jahren mit einer 0, was auf das Ersterwähnungsjahr 930 schließen könnte. Das geht zurück auf eine andere Chronik. Die Wahlbecksche Chronik des Helmstedter Geschichtsprofessors Heinrich Meibom aus dem Jahr 1619 verlegt die Schlacht bei Lenzen entgegen aller frührer Quellen auf das Jahr 930. Warum vertrauen die Wahlbecker aber mehr dem Geschichtsprofessor aus dem 17. Jahrhundert? Das hängt wohl mit der 1000-Jahrfeier zusammen. Im Dezember 1929 wurde der Bürgermeister Karl Grimm in sein Amt gewählt. Da wäre die 1000-Jahrfeier eigentlich schon Geschichte gewesen, so sie denn stattgefunden hätte. Warum man den Termin verpasst hat, ist nicht bekannt. Fakt ist, dass man die 1000-Jahrfeier nachholen musste und da kam das Datum aus der Meibomschen Chronik gerade recht. So hat man sich einfach ein Jahr jünger gemacht. Aber was ist schon ein Jahr, wenn es um eine jahrtausendalte Geschichte geht.
Es war zu Lebzeiten Otto I. Heinrich sein jüngerer Bruder neidete ihm die alleinige Stellung als König und stiftete eine Verschwörung. An dieser Verschwörung beteiligte sich auch Lothar II., Sohn des in der Schlacht von Lenzen gefallenen Grafen. Die Verschwörung wurde aufgedeckt und sowohl Heinrich als auch Lothar zum Tode verurteilt. Dem Urteil folgte dann eine Begnadigung. Aber diese Begnadigung war an Bedingungen geknüpft. Lothar verlor sämtliche Güter, die der Grafenfamilie als Lehen gegeben wurden. Nur sein tatsächliches Eigentum und das war der Stammsitz der Familie in Walbeck blieb ihm erhalten. Zudem musste er als Buße ein Stift gründen. Dieses Stift errichtete er inmitten der Burg über dem Dorfe Walbeck. Und so begann die Geschichte um die Kirche, die wir heute nur noch als Ruine sehen.
Die Stiftskirche wurde als einschiffige Saalkirche mit einem durchgehenden Querhaus einem Chorjoch und einer Apsis errichtet.
Die noch in der Ruine zu erkennenden Fenster hatten nichts mit den Fenstern der ursprünglichen Kirche zu tun. Diese waren viel größer, was den Kirchenraum auch viel heller gestaltete. Beim späteren Anbau der Seitenschiffe hat man die ursprünglichen Fenster, die wesentlich tiefer lagen nach oben versetzt. Bei genauem Hinschauen erkennt man noch den vom ursprünglichen Mauerwerk abweichenden später verwendeten Stein. Und wenn man seinen Blick noch ein klein wenig weiter schärft, erkennt man zwischen den Fenstern im oberen Teil runde gemauerte Strukturen. Dies waren die sogenannten Oculi, runde Fenster die sich konisch nach innen vergrößerten. In den Oculi fand man noch hölzerne Reste des ursprünglichen Fensterrahmens. Mittels Radiokarbonmethode konnte das Alter des Holzes auf das Jahr 943 festgelegt werden.
Ebenfalls vom Ursprungsbau erhalten blieben die großen Bögen des Querschiffs.
Wann der Bau der Kirche beendet war, ist nicht bekannt. Aber Lothar der II. wurde 964 bereits in der Kirche beigesetzt. Zu diesem Zeitpunkt musste sie also weitestgehend fertiggestellt und geweiht worden sein.
Anfangs sind im Stift zwölf Chorherren ansässig, die aber aufgrund der schlechten Ertragslage des Stiftes auf sechs reduziert wurden.
Mit der Jahrtausendwende wurde die Kirche das erste Mal umgebaut. Das Langhaus wurde nach Westen erweitert und wie oben bereits erwähnt, wurden die Seitenschiffe angebaut und die Fenster nach oben versetzt und verkleinert.
Die ehemaligen Außenwände wurden durchbrochen und zu den Seitenschiffen hin mittels Rundbögen geöffnet.
Wenn man jetzt den Blick durch die Ruinen des südlichen Seitenschiffs schweifen lässt, kann man ungefähr erahnen, wie düster die Kirche gewesen sein muss.
Aber das Stift bestand nicht nur aus der Kirche. Die Stiftsherren wohnten wahrscheinlich in einem zweigeschossigen Stiftshaus, welches über einen Kreuzgang zu erreichen war. Der Kreuzgang schloss sich nördlich an die Stiftskirche an. Im Stiftshaus befanden sich im unteren Geschoss der Speisesaal, die Bibliothek, Unterrichts- und Versammlungsräume und im oberen Geschoss die Wohnräume, also Zellen oder Schlafsäle der Chorherren.
Wie sah eigentlich das Leben der Stiftsherren aus. Zunächst musste man mindestens 18 Jahre alt sein, um in das Stift aufgenommen zu werden. Die Stiftherren trugen einen schwarzen Talar, darüber ein weißes Hemd und dazu eine schwarze Kopfbedeckung. Im Winter wärmte man sich mit einem langen Pelzüberwurf. Zentrale Aufgabe der Chorherren war das Gebet. Siebenmal am Tag wurden Gebetsstunden abgehalten. War ein Chorherr verreist, wurde er von einem Vikar vertreten. Die lateinische Bezeichnung Vikar bedeutet übrigens nichts anderes als Stellvertreter.
Im Jahr 1002 betrat die wohl bekannteste Persönlichkeit die Wahlbecksche Bühne. Thietmar von Merseburg. Von seinem Vater wurde er bereits früh für den Dienst als Probst des Stiftes bestimmt. Aber sein Onkel neidet ihm die Stelle und so trat Thietmar ihm als Entschädigung einen nicht unerheblichen Teil seines Grundbesitzes ab. So wurde er mit 26 Jahren bereits Probst. Aber die Art und Weise, wie er diese Stellung erlangte ließ ihn Zeit seines Lebens nicht in Ruhe. Hinzu kam, dass er auf Wunsch seines Bruders eine Schwägerin vor dem Altar begraben ließ und dafür das Grab des ersten Probstes des Stiftes öffnen ließ, was in seinen Augen eine Grabschändung darstellte. Als im Jahr 1011 das gesamte Stift einschließlich der Kirche ein Opfer der Flammen wurde, betrachtete er dies als Strafe für diese Sünden.
Im Zuge der Wiederaufbauarbeiten erhält die Kirche eine neue Glocke. Diese Glocke existiert noch heute und gilt als eine der ältesten Glocken Deutschlands. Sie befindet sich im Fundus des Bodemuseums in Berlin.
Mitte des ersten Jahrhunderts werden die Walbecker Grafen mit der Sommerschenburg belehnt. Die Grafen verlegen ihren Sitz von Walbeck auf die Sommerschenburg und nennen sich auch entsprechend.
Ein Zeichen für den Einfluss und den Reichtum des Stiftes war der Umbau um das Jahr 1100. Die Kirche erhielt nun den für die Altmark typischen Querriegel. Da man jedoch bei der Westerweiterung einhundert Jahre zuvor schon ziemlich nah an den Steilhang heran gekommen war, musste nun ein Teil der Westerweiterung für den Turm weichen. Der Turm wurde nicht als Zierde erbaut, er war ein reiner Zweckbau. Er diente der Verteilung sowohl des Stiftes als auch der Burg. Vielleicht ahnte man, welch unruhige Zeiten nahten, schließlich lag Walbeck genau zwischen den Einflussgebieten großer Bistümer, nämlich Magdeburg, Halberstadt und Braunschweig.
Mit Adalbert stirbt einhundert Jahre später das Walbeck-Sommerschenburger Adelsgeschlecht aus. Otto IV., ein Sohn Heinrich des Löwen, übernimmt die Burg. Die Chorherren werden vertrieben und die gesamte Burganlage wird zu einem militärischen Stützpunkt gegen das befeindete Magdeburg ausgebaut. Aber was war passiert, dass man sich derart mit Magdeburg überworfen hatte.
Der deutsche Kaiser Heinrich VI., ein Staufer, starb sehr früh. Sein Sohn Friedrich II. war bei seinem Tod erst zwei Jahre alt und konnte seine Nachfolge noch nicht antreten. So wurde von den Anhängern der Staufer der jüngere Bruder Heinrichs, Philipp von Schwaben zum deutschen König gekrönt. Aber auch die zu dieser Zeit sehr starken Welfen sahen ihre Chance und krönten Otto IV. zum deutschen König. Zwischen diesen beiden Königen entbrannte ein Streit über die Vormachtstellung. Hinter Philipp standen der französische König und viele deutsche Fürsten. Otto hatte die Unterstützung vom englischen König und der wichtigsten Erzbischöfe. 1208 wird Philipp erschlagen. Eine Beteiligung Ottos ist hierbei nicht bekannt. Der Magdeburger Erzbischof war immer auf der Seite von Philipp. Nun sah Otto seine Chance, seinen Einfluss unter den Erzbischöfen weiter zu stärken und schon wechselten 3.000 Silbermark den Besitzer. Bei so einer „Parteispende“ überdenkt man schon mal seine Prinzipien und da ein Jahr zuvor der Magdeburger Dom abgebrannt und wiederaufgebaut werden musste, begründete man schnell eine neue Freundschaft.
Mit Hilfe der deutschen Erzbischöfe wurde Otto dann vom Papst in Rom im Oktober 1209 zum deutschen Kaiser gekrönt. Noch im gleichen Jahr kriselte es zwischen den neuen Freunden. Otto hielt wohl einige Versprechen gegenüber dem Magdeburger Erzbischof nicht und schon war es vorbei mit der Freundschaft. Auch der Papst fühlte sich von Otto hintergangen, als dieser Sizilien beanspruchte. Kurz und gut wurde Otto vom Papst bereits ein Jahr nach seiner Kaiserkrönung exkommuniziert.
Die nun entstandene Feindschaft ging so weit, dass drei Jahre später der Magdeburger Erzbischof den Auftrag gab, die Walbecker Burg zu schleifen. Otto, der 1218 starb, legte zwar in seinem Testament fest, die Burg wieder aufzubauen, aber das passierte nicht. Vielmehr wurde ein Jahr nach seinem Tod die gesamte Burg dem Erdboden gleich gemacht und der Westturm der Stiftskirche abgerissen. Nun stand nur noch die Stiftskirche auf dem Kalksteinfelsen, ohne jegliche Möglichkeit der Verteidigung.
Das Stift wird wiederbelebt aber es wird festgelegt, dass nur noch ein Halberstädter Domherr zum Probst bestimmt werden kann. Die großen Zeiten des Stiftes waren vorbei. Die Stiftsherren zogen es sogar vor, außerhalb des Stiftes zu wohnen. Es muss dort oben wohl sehr unkomfortabel geworden sein. Und zum düsteren, kalten Stift passt diese kleine Geschichte, die sich ungefähr auch zu dieser Zeit ereignet haben soll, perfekt.
Im Jahr 1245 in einer dunklen Novembernacht soll sich folgendes ereignet haben:
Einer der Stiftsherren wurde der Ketzerei angeklagt. Monatelang hatte man ihn schon eingesperrt und versucht zu zwingen, sich über das Gebet der Sünden zu entledigen. Aber der Sünder ließ sich nicht erweichen und so musste ein Urteil gefällt werden. Im November 1245 reiste zu diesem Zweck der Probst Vollrat von Kranichfeld aus Halberstadt an. Nachdem dieser ein Urteil nicht fällen konnte oder vielleicht auch wollte, musste der Bischof von Halberstadt diese Aufgabe übernehmen. Sein Urteil fiel klar und deutlich aus:
Lebendig in einem Pfeiler einmauern!
Selbst nach diesem Urteilsspruch ließ sich der sündige Stiftsherr nicht erweichen und lehnte die Beichte auch weiterhin ab. So wurde in einer dunklen kalten Dezembernacht das Urteil vollstreckt. Nachdem Maurergesellen in einem Pfeiler der Kirche den Hohlraum schufen, wurde der Deliquent nun im Schein der Fackeln eingemauert. Nur ein kleines Loch in Kopfhöhe ließ man offen um ihm Brot und Wasser geben zu können. Nach 14 Tagen der Qual erlöste ihn der Tod. Seine Gebeine soll man bei späteren Umbauarbeiten gefunden haben.
Und es fanden tatsächlich 60 Jahre später Sanierungsarbeiten statt. Vielleicht wurden die Gebeine hierbei gefunden.
Im 14. und 15. Jahrhundert überzogen Pestepidemien das Land und es kam zu Missernten. Die Bevölkerung schrumpfte, Dörfer wie Bebertal und Nordhusen wurden verlassen und die Einnahmen des Stiftes schwanden.
Genau in diese Zeit fällt auch eine andere kleine Geschichte. Auf dem Weg nördlich der Ruine in Richtung Dorf findet man dieses schon sehr stark verwitterte Kreuz.
Hierbei handelt es sich um ein Sühnekreuz. So ein Kreuz wurde als Buße für äußerst schwere Sünden, wie zum Beispiel Mord oder Totschlag vom Sünder gestiftet. Üblich war diese Praxis bis ins 16. Jahrhundert. Das Alter dieses Kreuzes wird anhand der Verwitterung des Muschelkalkes mit ca. 500 Jahren angegeben. Auf dem Kreuz ist fast nicht mehr erkennbar. Was man noch erkennen kann sind Reste einer Inschrift und ein Kelch. Dies lässt Vermutungen zu, dass das Sühnekreuz durch einen Geistlichen gestiftet wurde.
Etwas anders erzählt uns die Sage, die sich um das Kreuz rankt und die im 10. Jahrhundert spielt:
Graf Lothar war ein strenger Vater. Er hatte zwei Kinder mit Mathilde, einen Sohn und eine Tochter. Beide tobten, wie es Kinder nun einmal gern tun, laut durch die Burg, so dass sich der Vater gestört fühlte. Zur Strafe mussten die Kinder ins Turmzimmer. Der Vater ging derweil auf die Jagd, während auch Mathilde nicht auf der Burg weilte. Die Kinder sollten dem Vater aber bei seiner Ankunft das Burgtor öffnen. Sie schliefen jedoch beide ein und verpassten so die Ankunft des Vaters. Zur Strafe musste der Sohn in der kalten Nacht draußen auf seine Mutter warten. Das Mädchen jedoch suchte nach ihrem Bruder und fiel dabei aus einem Fenster. Als die Mutter die Burg erreichte, waren beide Kinder erfroren. Die Mutter verfiel dem Wahnsinn und Graf Lothar bestattete beide Kinder an der Stelle, an der sein Sohn erfroren ist und stiftete das Sühnekreuz.
Anfang des 16. Jahrhunderts war die Kirche offensichtlich etwas baufällig geworden. Der Giebel und Teile des Querhausgewölbes wurden erneuert. Probst Marenholtz entstammte einem lüneburgischen Adelsgeschlechts und ließ die Arbeiten ausführen und zahlte diese wohl auch. Als Indiz hierfür steht der noch vorhandene Schlussstein in einem Gewölbe auf der Südseite des Querhauses.
Dieser Schlussstein trägt die im Wappen der Familie vorkommende fünfblättrige Rose.
Bei den Arbeiten am Giebel der Nordseite wurde auch das noch gut erhaltene gotische Fenster eingebaut.
In Jahr 1516 wurde die Kirche neu geweiht. Bereits ein Jahr später begann sich die religiöse Welt des Mittelalters zu wandeln. Viel ist aus dieser Zeit nicht überliefert, aber es kann angenommen werden, dass auch dieses katholische Stift stark unter Druck geriet. Überliefert ist, dass ein Pfarrer Hacke sich 1561 bereit erklärte eine protestantische Predigt zu halten und seine Haushälterin, die ihm zwei Kinder geboren hat zu ehelichen oder zu entlassen. Da man ihm jedoch mit dem Entzug seiner Pfründe drohte, ließ er davon ab. Es mussten schreckliche Zustände im Stift geherrscht haben. Es ist die Rede von traurigen sittlichen Zuständen und einen unzüchtigen Canonicus. Ein paar Jahre später zeugt ein neues Statut des Stiftes von Bemühungen hier wieder katholische Ordnung herbei zu führen.
Erst 20 Jahre später hält Hening Gödicke die erste evangelische Predigt, wahrscheinlich aber in der Dorfkirche. Das Stift blieb weiterhin katholisch.
Wie wirr die Zeiten damals waren und welche Ängste die Menschen hatten, bezeugt auch eine überlieferte Begebenheit im Stift. 1598 verbrennt der Dekan Benecke alle ihm zugänglichen Urkunden aus dem Archiv des Stiftes damit diese nicht in „unrechte Hände“ kommen.
20 Jahre später beginnt der Dreißigjährige Krieg. Walbeck wird mehrfach von den Truppen beider Seiten besetzt. Das Stift wird evangelisch, dann wieder katholisch. Die Pest rast über das Land.
In dieser Zeit entstand auch die Meibomsche Chronik, die ich anfangs erwähnte. Der Chronist sah noch das Stiftergrab und den Kreuzgang. Kurz darauf wird das Bleidach der Stiftskirche entfernt und durch ein Ziegeldach ersetzt. Das Blei wird nach Magdeburg verkauft und höchstwahrscheinlich zum Gießen von Munition verwendet. Der endgültige Niedergang des Stiftes wird mit den Dreißigjährigen Krieg eingeläutet.
Als 1806 das Dorf unter französische Herrschaft kommt, wird das Stift aufgehoben. Der jüngere Bruder Napoleons, König Jerome Bonaparte, soll sich hierum gekümmert haben. Ihm stand sogar eine ganz besondere Aufgabe zu. In Italien soll man Dokumente gefunden haben, die einen Hinweis auf einen Goldschatz im Stift gaben. Nachdem man im Stift nicht fündig geworden ist, wurden sämtlich Bücher und Urkunden aus der Bibliothek des Stiftes verladen und nach Kassel transportiert. In der Zwischenzeit war Napoleons Siegeszug durch Europa aber beendet. Die gestohlenen Schriften sollen verbrannt worden sein.
Auch nach dem Abzug der französischen Truppen wurde das Stift nicht mehr reaktiviert. Nach und nach verkommen die Gebäude. Eine Nutzung erhält die Kirche noch einmal durch ein Armenhaus im südlichen Querhaus. Die Kirche verwandelt sich Stück für Stück in eine Ruine.
Um 1900 werden erste Vermessungen an der Ruine vorgenommen und Sicherungsmaßnahmen getroffen. Bei Ausgrabungen im Jahr 1932 wird dann die Tumba Lothar II. gefunden. Oft liest man, dass der Sarkophag gefunden wurde. Dies ist nicht richtig. Ein Sarkophag enthält die Gebeine des Verstorbenen. Hier war es nicht so. Bei der Tumba handelt es sich um einen massiven Block aus Stuckgips, welcher über dem eigentlichen Grab aufgestellt war. Die Tumba ist sozusagen die Abdeckung des Grabes bzw. fungiert als Grabstein, da das Relief oder die Inschriften, welche den Deckel der Tumba zieren auf den Verstorbenen schließen lassen.
Wer die Tumba sehen möchte, muss sich in das Dorf begeben. Die Tumba ist in der Kirche St. Michaelis aufgestellt.
Dass es tatsächlich die Tumba Lothar II. ist, ist nicht ganz sicher. Allerdings lassen die Verzierungen einen Entstehungszeitraum in der 2. Hälfte des 10. Jahrhunderts vermuten und die exponierte Lage der Tumba weist auf eine bedeutende Persönlichkeit hin.
An den noch vorhandene Farbreste in den Einschnitten der Verzierungen kann man erkennen, dass die Tumba ursprünglich bunt gewesen sein muss.
Wer jetzt noch nicht genug hat, dem sei die kleine Heimatstube zu empfehlen, die sich in unmittelbarer Nähe zu Kirche befindet. Ein wahrer Schatz an Informationen, aus welchem auch ich geschöpft habe.